DPJZ 4/2021

  1. Peter von Feldmann                                                                                                      

Inhalt und Kritik, Hintergrund sowie europapolitische Folgen des polnischen Verfassungsgerichtsurteils vom 7. Oktober 2021

Zusammenfassung: Das polnische Verfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 7. Oktober 2021 (K 3/21) auf Antrag des Ministerpräsidenten Morawiecki entschieden, dass dem EuGH nach der polnischen Verfassung die Kompetenz fehle, in die Justizgesetzgebung Polens einzugreifen, weil die polnische Verfassung Vorrang vor den Regelungen des EU-Vertrags habe. Politisch kommen das Urteil des Verfassungsgerichts und die Haltung der polnischen Regierung gegenüber der EU einem „Teil-Polexit“ gleich. Die EU-Kommission und der EuGH können die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, die zu den Grundwerten der EU gehört und die Polen mit seinem Beitritt einzuhalten verpflichtet ist, gegen Polen nicht mehr durchsetzen. Die Argumentation des Gerichts läuft ferner darauf hinaus, dass zukünftig auch in anderen von der Verfassung geschützten Bereichen europarechtswidrige PiS-Gesetzgebung als sakrosankt gegenüber der EU verteidigt wird, z.B. auf dem Gebiet der Medienfreiheit durch die Einführung neuer repressiver politischer Straftatbestände.

Schlüsselwörter: polnische Verfassungsgericht, Rechtsstaatprinzip, Vereinbarung mit EU-Recht, Grundwerte der EU.

Summary: With its judgment of October 7, 2021 (K 3/21), at the request of Prime Minister Morawiecki, the Polish Constitutional Court ruled that the ECJ lacks the competence under the Polish constitution to intervene in the judicial legislation of Poland because the Polish constitution takes precedence the regulations of the EU treaty. Politically, the ruling of the Constitutional Court and the attitude of the Polish government towards the EU are tantamount to a “partial Polexit”. The EU Commission and the ECJ can no longer enforce the rule of law, which is one of the basic values ​​of the EU and which Poland is obliged to adhere to upon accession, against Poland. The court’s argumentation also suggests that in future PiS legislation that is contrary to European law will also be defended as sacrosanct against the EU in other areas protected by the constitution, e.g. in the area of ​​media freedom through the introduction of new repressive political criminal offenses.

Keywords: Polish Constitutional Court, rule of law, agreement with EU law, fundamental values ​​of the EU.

Über den Autor: Dr. Peter v. Feldmann, Vorsitzender Richter am OVG Berlin a.D. E-Mail: eldhaasenp@t-online.de.

2. Peter von Feldmann                                                                                                      

Die rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofes in Polen

auf meinen letzten Bericht über die Rechtsentwicklung in Polen hat mir ein früherer Richterkollege geschrieben, er könne sich nicht das disziplinarische Vorgehen gegen einen polnischen Richter, der die Fälle zügig entscheidet und sich nach bestem Wissen und Gewissen am geltenden Recht orientiert, nicht so richtig vorstellen.

Daher soll hier einmal dargestellt werden, wie das Vorgehen gegen Richter in den bekanntesten Fällen Tuleya und Juszczyszyn auf der Basis des geltenden Rechts funktioniert hat.

Die polnischen Richter können nach der Verfassung nicht ohne vorherige Zustimmung des im Gesetz festgelegten Gerichts strafrechtlich verfolgt werden. Nach der PiS-Gesetzgebung ist für die Aufhebung der Immunität die berüchtigte Disziplinarkammer des Obersten Gerichts zuständig. Statt die gegen Richter erhobenen Vorwürfe im Disziplinarverfahren zügig zu klären, wird von den Staatsanwaltschaften bei der Disziplinarkammer der Antrag auf Immunitätsaufhebung mit der Begründung gestellt, die betreffenden Richter hätten sich mit den betreffenden dienstlichen Handlungen auch strafbar gemacht. Dabei profitiert man von Straftatbeständen, die offenbar schon seit langem gelten und im deutschen Recht keine Entsprechung haben. Nach Art. 231 § 1 des Strafgesetzbuchs wird “ein Amtsträger, der seine Kompetenzen überschreitet oder seine Pflichten vernachlässigt und dadurch öffentliche oder private Interessen verletzt, mit Freiheitsentziehung bis zu drei Jahren bestraft. Sogar fahrlässige Amtspflichtverletzungen sind nach § 3 der Vorschrift strafbar, wenn dadurch ein wesentlicher Schaden verursacht worden ist. Diese Vorschriften werden auch auf Richter angewendet, sodass bei einem Verdacht der Verletzung seiner Amtspflichten einem Richter die Immunität entzogen werden kann. 

Während die Aufhebung der Immunität nach Art. 129 des Gesetzes über den Aufbau der Allgemeinen Gerichte als solche eine Ermessenentscheidung ist, ist ihre unmittelbare Folge, dass nach der schon bisher geltenden Regelung bei vorsätzlichen Straftasten zwingend die Suspendierung des Richters von seinen Amtspflichten unter Kürzung seines Gehalts um 25-50% anzuordnen ist. Bei fahrlässigen Amtspflichtverletzungen  steht dies im Ermessen der Disziplinarkammer.[1]

Unter rein formal richtiger Anwendung der Vorschriften konnten die oben genannten und andere missliebige Richter ohne Durchführung eines Disziplinarverfahrens ausgeschaltet werden:

Tuleya hatte über eine Beschwerde gegen die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens zu entscheiden, dafür eine mündliche Verhandlung durchgeführt, den Medienaufnahmen gestattet und in seiner Begründung des stattgebenden Beschlusses aus Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren zitiert. Der politische Hintergrund war der rechtswidrige faktische Ausschluss der Oppositionsfraktionen von einer Abstimmung über den Haushaltsplan im Sejm. Tuleyas Immunität wurde von der Disziplinarkammer unter dem Vorwurf der unbefugten öffentlichen Mitteilung des Inhalts eines Ermittlungsverfahren nach Art. 141 § 1 sowie des Amtsmissbrauchs nach Art. 231 § 1 StGB aufgehoben, verbunden mi seiner Suspendierung unter Gehaltskürzung um 25%.[2] 

Juszczyszyn hatte in einem Berufungsverfahren die ordnungsgemäße Besetzung des Spruchkörpers der ersten Instanz im Hinblick auf Zweifel an der rechtmäßigen Berufung eines betreffenden Richters durch den neuen Landesjustizrat überprüft und dabei der Sejmverwaltung aufgefordert, ihm die Einsicht in Wahlunterlagen für die Wahl des Landesjustizrats zu geben. Hintergrund war die Rechtsprechung des EuGH und des Obersten Gerichts über die mangelhafte Unabhängigkeit des neuen Landesjustizrats und damit der Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Auswahlentscheiden bei der Berufung neuer Richter. Juszczyszyns Immunität wurde von der Disziplinarkammer wegen Amtsmissbrauchs nach Art. 231 § 1 StGB unter Suspendierung mit Gehaltskürzung um 40 % aufgehoben.[3]

Es ist kaum anzunehmen, dass PiS, namentlich Justizminister Ziobro, das dargestellte Instrument der Richtereinschüchterung auf Druck der EU aus der Hand geben wird.

Andrzej Bisztyga

Die Krise der liberalen Demokratie versus das Konzept des demokratischen Rechtsstaates

Zusammenfassung: Die liberale Demokratie ist nämlich ein sehr normiertes, institutionalisiertes und verfahrenstechnisches Modell der Gesellschaftsordnung. Sie erkennt die Rolle des Rechts als führenden Regulators der gesellschaftlichen Beziehungen an, legt Wert auf die Achtung der Freiheiten und Rechte des Einzelnen sowie sieht ein System zur Gewährleistung dieser Rechte vor. Das Konzept der liberalen Demokratie verpflichtet zur Vereinbarkeit der Mehrheitsregierung mit Anti-Mehrheits-Einschränkungen, deren Ziel es ist, die Freiheit des Einzelnen sowie die Minderheiten zu schützen. Bei der Dominanz des national-demokratischen Faktors über die Rechtssicherheit besteht eine tatsächliche Bedrohung für die Rechte der Minderheiten aller Art. Ohne praktischen Schutz der Rechte von Minderheiten wird das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit nicht erfüllt. Die nationale Rhetorik beinhaltet ein Element eines eingeschränkten Begriffs der Vertrautheit und des antieuropäischen Separatismus, was den Grundsätzen der europäischen Integration widerspricht.

Schlüsselwörter: Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte.

Summary: Liberal democracy is a very standardized, institutionalized and procedural model of the social order. It recognizes the role of law as the leading regulator of social relations, emphasizes respect for the freedoms and rights of the individual, and provides a system to guarantee these rights. The concept of liberal democracy obliges the majority government to be compatible with anti-majority restrictions, the aim of which is to protect the freedom of the individual and minorities. Given the dominance of the national-democratic factor over legal security, there is a real threat to the rights of all kinds of minorities. Without practical protection of the rights of minorities, the principle of the rule of law will not be fulfilled. National rhetoric includes an element of a restricted notion of familiarity and anti-European separatism, which goes against the principles of European integration.

Keywords: democracy, rule of law, human rights.

Über den Autor: Prof. Dr. habil. Andrzej Bisztyga, UZ Direktor des Institutes für Rechtswissenschaften an der Universität Zielona Góra, Leiter des Lehrstuhls für Verfassungsrecht, Europäisches und Internationales Recht, Institut für Rechtswissenschaften, Universität Zielona Góra.

Agnieszka Huras-Darkowska

CYWILNA ODPOWIEDZIALNOŚĆ LEKARZA NA GRUNCIE REGULCJI PRAWNYCH

Streszczenie:

Istotą odpowiedzialności cywilnej jest stosunek zobowiązaniowy, którego treścią jest wierzytelność uprawnionego obejmująca naprawienie poniesionej przez niego szkody i odpowiadający tej wierzytelności dług podmiotu zobowiązanego do naprawienia szkody. W ramach odpowiedzialności odszkodowawczej dokonuje się rozróżnienia jej na odpowiedzialność wynikającą z niewykonania lub nienależytego wykonania zobowiązania, określaną mianem odpowiedzialności ex contractu, oraz odpowiedzialność za szkodę wyrządzoną czynem niedozwolonym, określaną terminem odpowiedzialności ex delicto. Cechą wspólną łączącą oba reżimy odpowiedzialności jest obowiązek naprawienia szkody oraz występowanie wspólnych dla obydwu reżimów przesłanek odpowiedzialności, do których należy zaliczyć zaistnienie szkody oraz związek przyczynowy pomiędzy tą szkodą, a źródłem jej powstania.

Summary:

The essence of civil liability is the obligation relationship, the content of which is the claim of the entitled person covering the compensation for the damage suffered by him and the debt of the entity obliged to repair the damage corresponding to this claim. As part of liability for damages, it is distinguished between liability resulting from non-performance or improper performance of an obligation, referred to as ex-contractual liability, and liability for damage caused by a tort, referred to as ex delicto liability. The common feature between both regimes of liability is the obligation to redress the damage and the existence of common liability conditions for both regimes, which include the occurrence of damage and the causal link between this damage and the source of its occurrence.

Słowa kluczowe: odpowiedzialność, lekarz, szkoda, podmiot leczniczy, poszkodowany.

Key words: responsibility, doctor, damage, healing entity, injured party.

mgr Małgorzata Szablewska

Status tłumacza przysięgłego w Niemczech

Streszczenie

W niniejszym artykule scharakteryzowano status zawodu tłumacza przysięgłego w Niemczech. Wskazano na podział na tłumaczy pisemnych i tłumaczy ustnych. Przedstawiono ogólne kryteria warunkujące uzyskanie prawa tłumacza przysięgłego na całym obszarze Niemiec oraz wybrano dwa kraje związkowe, w których zanalizowano przepisy pod względem formalnym i merytorycznym. Wymagania niemieckie porównano z polskimi, wskazano na obowiązywanie ustawy w Polsce. Nazwano instytucje, przy których można składać egzamin na tłumacza przysięgłego w Niemczech i Polsce oraz podmioty, które ustanawiają tłumaczy w obu tych krajach.

Słowa kluczowe: tłumacz przysięgły, tłumacz pisemny, tłumacz ustny, egzamin na tłumacza przysięgłego, Izba Gospodarcza

Zusammenfassung

Im vorliegenden Artikel wird der Beruf des vereidigten Dolmetschers und Übersetzers in Deutschland beschrieben. Es wurde auf die Teilung der Übersetzer und Dolmetscher hingewiesen. Allgemeine Kriterien zum vereidigten Dolmetscher und Übersetzer werden hier in ganzem Deutschland dargestellt. Es wurden zwei Bundesländer gewählt und ihre Vorschriften aus der formellen und inhaltlichen Sicht analysiert. Deutsche und polnische Erfordernisse wurden hier verglichen und das geltende Gesetz in Polen wurde benannt. Es wurden polnische und deutsche Behörden benannt, bei denen die Prüfung bestanden wird und durch diese vereidigte Übersetzer und Dolmetscher beeidigt werden.

Schlüsselwörter: vereidigter Dolmetscher, vereidigter Übersetzer, Prüfung zum vereidigten Übersetzer und Dolmetscher, Industrie- und Handelskammer

O autorce: Małgorzata Szablewska, doktorantka w Wyższej Szkole Bankowej we Wrocławiu, E-Mail: biuro@ger-lider.edu.pl.

Über die Autorin: Małgorzata Szablewska, Doktorandin an der WSB-Universität in Wrocław, E-Mail: biuro@ger-lider.edu.pl.

Rita Włodarczyk

 Ghostwriting – zarys rynków wydawniczych w Stanach Zjednoczonych Ameryki Północnej i w Polsce

Streszczenie: W artykule „Ghostwriting – zarys rynków wydawniczych w Stanach Zjednoczonych Ameryki i w Polsce” to opis działalności jednej ze słynniejszych na świecie agencji ghostwriterów (2M Communications), mieszczącej się w Nowym Jorku. Jest ona dobrym przykładem na zobrazowanie szeroko rozwiniętej pozycji ghostwritingu w USA. Należy zauważyć odmienną sytuację funkcjonowania ghostwritingu na rynkach wydawniczych w Stanach Zjednoczonych oraz w Polsce. Oprócz tego artykuł porusza różnice pomiędzy prawem autorskim w USA i w Polsce.

Słowa kluczowe: Ghostwriting, prawa autorskie, the American Copyrights Act (Amerykańskie Prawo Autorskie).

Abstract: The article “Ghostwriting and its development on the American and Polish publishing market” is concern on one of the world’s most famous ghostwriter agency (2M Communications), located in New York. It is a good example to illustrate the widely developed position of ghostwriting in the USA. The author points to the different situation of ghostwriting on the publishing markets in United States and in Poland. In addition, the article addresses the differences between copyright law in the USA and Poland.

Keywords: Ghostwriting, copyright, The American Copyrights Act.

                O autorce: Rita Włodarczyk – absolwentka Dziennikarstwa i Komunikacji Społecznej na Uniwersytecie Wrocławskim. Obecnie doktorantka na Instytucie Dziennikarstwa i Komunikacji Społecznej. E-mail: rita.wlodarczyk@uwr.edu.pl.

Über die Autorin: Rita Włodarczyk – Absolventin des Journalismus und der sozialen Kommunikation an der Universität Wrocław. Derzeit Doktorandin am Institut für Journalismus und Soziale Kommunikation. E-Mail: rita.wlodarczyk@uwr.edu.pl.


[1] So hob die Disziplinarkammer durch erstinstanzlichen Beschluss vom 23.09.2021 (I D I 20/21) die Immunität des Richters am Obersten Gericht Pietruszyński wegen einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung auf, jedoch ohne ihn zu suspendieren. Dieser hatte es als Vorsitzender eines Spruchkörpers der Strafkammer versäumt, die zuständige Stelle rechtzeitig von einem Beschluss über die Beendigung der Untersuchungshaft zu informieren, sodass der Betroffene einen weiteren Monat in dieser Haft verbrachte.

[2] Beschluss der Disziplinarkammer vom 18.11.2020 (II DO 74/20).

[3] Beschluss der Disziplinarkammer vom 4.2. 2020 (II DO 1/20).